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15.02.2016

10 Dinge, die Sie über Windenergie hören, die aber nicht stimmen!

Stattblatt-Artikel von Dr. Monika Gonser vom 15.02.2016

In der Diskussion um die Windenergienutzung in Heidelberg werden zahlreiche Gerüchte gestreut und viel Unfug erzählt. Wir möchten mit Informationen zu einer sachlichen Debatte beitragen. Lesen Sie daher hier 10 Dinge, die Sie über Windenergie hören, die aber nicht stimmen!

1) Der Betrieb von Windenergieanlagen ruft massive gesundheitliche Schäden hervor, beispielsweise durch die Einwirkung von Schattenwurf, Lärm oder Infraschall.

Für eine massive, durch Windenergie hervorgerufene gesundheitliche Beeinträchtigung, beispielsweise durch Infraschall, gibt es keinen wissenschaftlich belastbaren Beleg. Infraschall ist ein natürliches Phänomen, das beispielsweise auch durch Wald- oder Meeresrauschen oder im Auto bei höheren Geschwindigkeiten entsteht. Studien zu gesundheitlichen Gefahren, die hierzu immer wieder zitiert werden, haben sich in der Vergangenheit durchweg als fehlerhaft erwiesen (http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/229949/). Zu einer verträglichen Einschränkung der Belastung durch Schattenwurf und ggf. Lärm gibt es Regelungen dazu, wie lange eine Fläche Schattenwurf ausgesetzt sein darf (nicht mehr als 30 min am Tag und nicht mehr als 30 h im Jahr) sowie Mindestabstände, die zum Lärmschutz einzuhalten sind. Diese wurden für Heidelberg und die umliegenden Kommunen nochmal erhöht und liegen bei 1000m für Wohnsiedlungen und 600m für Dorfgebiete und Aussiedlerhöfe.

2) In Deutschland gewonnene Windenergie wird vor allem ins Ausland exportiert, weil sie aufgrund fehlender Leitungen nicht von windreichen in windarme Gebiete transportiert werden kann.

In Spitzenzeiten wird aus Windenergie gewonnener Strom aus Norddeutschland tatsächlich zum Teil ins Ausland exportiert. Sind die Leitungen in den Süden jedoch einmal ausgebaut, kann überschüssiger Strom nach Süddeutschland fließen. Für Baden-Württemberg sieht die Situation derzeit aber anders aus: Baden-Württemberg ist heute durchgängig ein Energieimporteur, z.B. von Atomstrom aus Frankreich. In Baden-Württemberg gewonnene Windenergie würde also auch bei einem weiteren Ausbau von Windenergie nicht exportiert, sondern vor Ort genutzt werden.

3) Baden-Württemberg ist insgesamt ein windschwaches Gebiet, Windenergieanlagen machen hier generell keinen Sinn.

Baden-Württemberg ist nicht Schleswig Holstein, das stimmt. Das bedeutet aber vor allem, dass Windenergie in der breiten Fläche nicht effizient gewonnen werden kann. Es gibt jedoch topographische Gegebenheiten, die den Bau von Windenergieanlagen wirtschaftlich sinnvoll ermöglichen. Das ist vor allem an den Mittelgebirgskanten, also dem Odenwald, dem Schwarzwald und der Schwäbischen Alb der Fall sowie in der Hohenloher Ebene.

4) Der Winderlass von Baden-Württemberg zwingt alle Kommunen, unabhängig von den herrschenden Windverhältnissen, Konzentrationszonen für Windenergieanlangen auszuweisen.

Das stimmt nicht. Auf Seite 11 des Winderlass ist dazu Folgendes zu lesen: „Sind im gesamten Gebiet der Kommune keine für die Windenergienutzung geeigneten Flächen zu finden, darf die Kommune keine Konzentrationszonen vorsehen, (…)“.

5) Der Winderlass ist in seinen Vorgaben unausgegoren, weil er nicht festlegt, wieviel Windkraft eigentlich genug Windkraft ist.

Eine Festlegung von Mindestflächengrößen und Mindestanzahl von Windenergieanlagen wäre ein Rückgreifen auf eine planwirtschaftliche Lösung, da Regionen unterschiedlich sind und sich mit absoluten Forderungen kein der Realität angemessenes Bild zeichnen lässt. Richtig ist das Vorgehen, wie der Winderlass es wählt: In Gebieten, in denen Windenergie sinnvoll betrieben werden kann, wird nach harten und weichen Kriterien ausgewählt, welche Gebiete am geeignetsten sind. Harte Kriterien wären z.B. naturschutzrechtliche Regelungen und Siedlungsschutz. Die Kommunen legen die weichen Kriterien selbst fest, insbesondere aus den Bereichen Natur-, Landschafts- und Siedlungsschutz. Erfolgt diese Ausweisung ausgewogen und wird beispielsweise nicht der schwächste beteiligte kommunale Akteur (sprich die kleinsten Kommunen) ausgenutzt, gilt das Vorgehen als „substantiell der Windenergie Raum gebend“ und entspricht damit dem Winderlass.

6) Wenn eine Windanlage in den Wald gebaut wird, ist der Schaden für den Wald immer gleich groß.

Nein, das stimmt nicht. Wie groß der Schaden für den Wald und die darin lebenden Arten ist, hängt davon ab, wie vielfältig die vorkommenden Arten beispielsweise sind. Das hat viel damit zu tun, wie alt der Wald ist. Relevant ist auch, wie breit die bereits vorhandenen Straßen in dem Waldstück sind, ob sie für Bau und Betrieb der Anlage ausgebaut werden müssen. Es ist beispielsweise für die Bauphase relevant, ob es sich um ein Wasserschutzgebiet handelt. Die Klärung der Frage, ob und welches Waldstück geeignet ist, hängt also von vielen Einzelfaktoren ab und muss für jeden Einzelfall geklärt werden.

7) Mit der Entscheidung am 18. Februar im Heidelberger Gemeinderat werden die Flächen festgelegt, auf denen in Heidelberg Windenergieanlagen gebaut werden.

Nein, das stimmt nicht. Am 18. Februar wird im Heidelberger Gemeinderat entschieden, welche Flächen nicht weiter verfolgt werden sollen. Dabei geht es um die Flächen Weißer Stein, Lammerskopf, Hoher Nistler und Auerhahnenkopf. Bei diesen Flächen handelt es sich um besonders alten Wald, in dem deswegen viele besonders geschützte Arten leben. Die Waldstücke sind straßenmäßig noch nicht ausreichend angeschlossen – für den Bau einer Windenergieanlage müsste das vorhandene Straßennetz erheblich ausgebaut werden. Und diese Flächen sind mit verschiedenen Landschafts- und Naturschutzzonen belegt. Ein Ausschluss dieser Gebiete ist im Heidelberger Gemeinderat Konsens.

Bei den anderen drei Flächen, Grenzhof, Kirchheimer Mühle und Drei Eichen liegt kein so hochwertiger bzw. gar kein Wald vor, sie sind verkehrsmäßig gut angeschlossen und liegen nicht in einem Schutzgebiet von hohem Schutzwert. Zudem liegen noch nicht alle notwendigen Informationen vor, auf deren Grundlage über diese drei Gebiete entschieden werden könnte. Die Stadt Heidelberg wird sich im Frühsommer entscheiden, welche der verbleibenden drei Flächen sie zur Ausweisung als Konzentrationsfläche vorschlägt.

8) Die Heidelberger Flächen sind nur attraktiv, weil Windräder massiv subventioniert werden.

In der Vergangenheit wurde durch eine Umlage, die der Stromendverbraucher zahlt, die Nutzung von Windenergie relativ stark gefördert, was u.a. große Fortschritte in der Entwicklung von effizienten und billigeren Anlagen gebracht hat. Das Erneuerbare Energiengesetz (EEG), das diese Art der Umlage festlegt, ist jedoch so konzipiert, jetzt in die nächste Phase einzutreten. In dieser nächsten Phase sollen Technologien der Stromerzeugung aus erneuerbaren Ressourcen stärker in den Markt eingebracht werden. Das heißt, sie müssen sich in immer stärkerem Maße ohne Umlagen oder Förderungen auf dem Markt beweisen. Windenergieanlagen, die jetzt oder in Zukunft gebaut werden, werden den Regelungen dieser nächsten Phase des EEG unterliegen.

9) Die für Heidelberg vorgeschlagenen Flächen sind für Investoren nicht attraktiv.

Die drei o.g., in der Diskussion verbleibenden Flächen sind unterschiedlich attraktiv. Auf Drei Eichen ließe sich anhand der vorliegenden Daten zur Windgeschwindigkeit eine Windenergieanlage schon heute sinnvoll betreiben. Für den Grenzhof und die Kirchheimer Mühle ist dies heute noch nicht der Fall. In den vergangenen Jahren hat die Windtechnologie jedoch große Entwicklungssprünge gemacht, sodass diese Gebiete – sollten sie ausgewiesen werden – mit Blick auf die Zukunft durchaus interessant sein können.

10) Wenn keine Konzentrationsflächen ausgewiesen werden, wird über jede Fläche, die ein Investor beantragt, einzeln durch den Gemeinderat entschieden.

Nein, das stimmt nicht. Weist Heidelberg keine Konzentrationsfläche aus, so darf nach § 35 Baugesetzbuch überall gebaut werden, wo dies von den zuständigen Behörden entsprechend der derzeitigen Gesetzeslage - und nicht nach politischen Gesichtspunkten - genehmigt wird. Der Gemeinderat und die gewählten Vertreter/innen der Heidelberger Bürger/innen hätten dann keinen Einfluss mehr darauf, wo ein Windrad stehen darf und wo nicht. Sollen Wünsche der Heidelberger Bürger/innen zur Geltung kommen - wie beispielsweise der Ausschluss alter Waldflächen – ist eine Nichtausweisung von Konzentrationsflächen also unverantwortlich.

Die Gemeindeordnung schreibt eine Karenzzeit vor Wahlen für die Beiträge der Fraktionen in den Amtsanzeigern vor. Deshalb erscheinen die "Stimmen aus dem Gemeinderat" im Heidelberger Stadtblatt erst wieder nach der der Landtagswahl am 13. März 2016. Weil wir aber auch in der Zwischenzeit die Bürger*innen über das informieren wollen, was uns in der Grünen Fraktion umtreibt, werden wir Sie in der Zwischenzeit mit unserem „Stattblatt“ auf dem Laufenden halten. Das nächste "Stattblatt" erscheint am Montag, 22. Februar.

 


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