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27.03.2015

„Suchet der Stadt Bestes“

Haushaltsrede von Beate Deckwart-Boller im Gemeinderat am 26.03.2015

Liebe Bürgerinnen und Bürger,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr geehrte Herren Bürgermeister,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

„Suchet der Stadt Bestes“, unter diesem Motto aus dem Buch des Propheten Jeremia fand der Jahresempfang des Caritasverbandes Heidelberg in diesem Jahr im Seniorenzentrum Boxberg/Emmertsgrund statt. Der Stadt Bestes zu suchen ist auch die Aufgabe von uns Stadträtinnen und Stadträten und dieses Motto hat mich gerade in den letzten Wochen in den intensiven Haushaltsberatungen immer wieder begleitet.

Aber was ist das Beste für eine Stadt mit 150 000 Einwohnerinnen und Einwohnern und scheinbar 150 000 unterschiedlichen Bedürfnissen? Was ist der Stadt Bestes vor dem Hintergrund tiefgreifender Veränderungsprozesse, vor denen unsere Stadt in den nächsten Jahren steht? Die Umwandlung der Konversionsflächen und die Integration dieser in unsere Stadt zum Beispiel.

Wir haben versucht, auf diese Frage Antworten zu finden: 1. Der Stadt Bestes ist es, mit den vorhandenen Ressourcen gut zu haushalten. Das sind zum einen die finanziellen Ressourcen, die sparsam verwendet werden sollen und zum anderen natürliche Ressourcen, die geschont werden müssen. 2. Es gibt ca. 150 000 verschiedene Talente und Kompetenzen in dieser Stadt. Sie zu fördern zum Wohle unserer Stadt ist der Stadt Bestes. Zusammen heißt das, dass die vorhandenen Mittel sinnvoll eingesetzt werden und möglichst gerecht verteilt werden müssen. Investitionen müssen nachhaltig sein und dürfen die Verschuldung nicht maßlos in die Höhe treiben.

Aber was heißt das konkret? Wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stehen für Investitionen in Bildung: Eine gute Betreuung unserer Kleinsten gehört genauso dazu wie die ordentliche Ausstattung unserer Schulen und die finanzielle Unterstützung der Volkshochschule. Wir, die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen stehen für eine Förderung von Fußgänger- und Radverkehr und einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Wir, die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen stehen für eine Teilhabe für ALLE Menschen, die in dieser Stadt leben. Und noch konkreter heißt das, dass wir uns in dieser Stadt Gedanken darüber machen sollten, welche finanzielle und personelle Ausstattung wir brauchen, um den Herausforderungen der nächsten Jahre gerecht zu werden.

Aus dieser Frage heraus hat sich unser Leitantrag entwickelt, der unter der Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat vorerst wenig Zustimmung fand. Wir hatten beantragt, die Strukturen unserer Stadtverwaltung auf den Prüfstand zu stellen: Wie effizient arbeitet diese Verwaltung? Wie sind die einzelnen Ämter personell besetzt, zum Beispiel für die Entwicklung der Konversionsflächen? Muss man Ressourcen vielleicht vorübergehend verschieben, Kräfte bündeln, Abläufe anders gestalten? Antworten auf diese Fragen zu finden und dabei auch "um die Ecke denken dürfen" war unser Anliegen und keinesfalls ging es uns darum, die Kompetenzen unserer Stadtverwaltung in Frage zu stellen. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen. Dieses "neu denken" ist nicht einfach, schon gar nicht im Verwaltungsalltag. Das wissen wir und ist nicht als Kritik zu verstehen. Deshalb haben wir nach einem "Blick von außen" gesucht. Immer mit dem Ziel, durch Optimierungen Arbeitserleichterungen zu schaffen und damit Ressourcen "freizuschaufeln", die wir an anderer Stelle gut gebrauchen können.

Ich bedauere, dass unser Antrag von Vielen falsch interpretiert wurde. Wir geben aber noch nicht auf und wollen weiter mit Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und Ihnen, Herren Bürgermeister und mit Ihnen und euch, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat dazu im Gespräch bleiben. Wir werden außerhalb der ohnehin intensiven Haushaltsberatungen dieses Thema erneut aufgreifen. Ich kündige heute schon einmal einen TOP-Antrag dazu an.

Wir sind da auch nicht uneigennützig: Veränderungsprozesse zugunsten einer noch besser funktionierenden Stadtverwaltung haben auch Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, davon sind wir überzeugt. Die Themen und Projekte, mit denen wir uns beschäftigen, die wir steuern und entscheiden sollen und müssen als Gemeinderat, werden zunehmend komplexer. Wir brauchen mehr Hintergrundinformationen und Hinweise, wie und warum welche Prioritäten gesetzt wurden - und das ohne, dass wir explizit danach fragen müssen.

Schauen Sie sich den aktuell vorliegenden Haushaltsplan an: Mehr als 400 Seiten, die wir lesen und bewerten müssen und natürlich auch wollen. Querverweise und -verbindungen müssen von uns allerdings oft noch mühsam zusammengetragen werden. Da wünschen wir uns mehr Unterstützung. Und: Wir wissen, dass Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, das können und viel wichtiger: auch wollen. An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub erlaubt: Bitte denken Sie daran, dass wir ehrenamtlich tätig sind und viele von uns im Berufsleben mit völlig anderen Themen und Tätigkeiten beschäftigt sind. Deshalb sind wir auf Ihre Zuarbeiten angewiesen. Wir freuen uns deshalb auch über die Erleichterungen, die uns die höheren Fraktionsmittel bringen werden, die im Haushalt eingestellt wurden. Gerade weil die meisten von uns berufstätig sind und Familie haben, brauchen wir Verstärkung bei der inhaltlichen Zuarbeit und der Organisation der Fraktionsarbeit.

Für die Öffentlichkeit sei der Vollständigkeit halber gesagt: Es geht nicht um unsere Aufwandsentschädigung, die wird nicht aufgestockt. Es geht um eine Aufstockung der Mittel, mit deren Hilfe wir uns Unterstützung bei unserer Arbeit organisieren können. Und nicht zuletzt: Wir freuen uns auf unseren Umzug ins Rathaus. Künftig werden einige Fraktionen, darunter auch unsere, Büros im Rathaus haben. Das gibt kurze Wege untereinander und rückt uns in die Nähe der Stadtverwaltung. Wir sind einigermaßen gespannt, was das so ganz konkret mit sich bringt!

Jetzt zu den einzelnen Änderungsanträgen: Wir haben uns in mehreren interfraktionellen Gesprächen mit fast allen Änderungsanträgen intensiv auseinander gesetzt. Ziel der Gespräche war es immer, ein gemeinsames Paket an Änderungsanträgen einzubringen, und das bei 11 unterschiedlichen Fraktionen bzw. Gruppierungen. Dass bei einem solchen Vorgehen alle Kompromisse eingehen müssen, war von vornherein klar. Und jede Fraktion bzw. Gruppierung hatte ihre eigenen Schmerzgrenzen, die es zu verteidigen galt. Die Gespräche waren sehr konstruktiv, von Kompromissbereitschaft geprägt und respektvoll. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Was wir vermisst haben, war ein Vorschlag von Ihnen, Herr Dr. Würzner, zur Verbesserung der Einnahmen. Wir haben einen Vorschlag: Die Einführung einer Übernachtungssteuer, wie in vielen Kommunen praktiziert. Aber wir werden diesen Antrag ruhen lassen, bis es im Gerichtsverfahren gegen die Stadt Freiburg eine Entscheidung gegeben haben wird.

Lange nicht angepasst und deshalb notwendig: Die Gebühren bei den Parkscheinautomaten sollen erhöht werden. Wir freuen uns, dass dieser Antrag jetzt im Gesamtpaket enthalten ist. Wichtig sind uns auch die Rahmenbedingungen für Radfahrer in dieser Stadt. Maßnahmen, wie diese ernsthaft verbessert werden können, sind im Paket enthalten. Ganz nebenbei und ganz persönlich: Ich bin als regelmäßige Radfahrerin (Isch habe gar kein Auto!) - bedingt durch meine Tätigkeit als Stadträtin auch im ganzen Stadtgebiet - viel mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs. Und ich wundere ich mich immer wieder, wer uns wohl den Titel fahrradfreundliche Kommune untergejubelt haben könnte. Mir fallen da sofort einige Stellen ein, die wir dringend verbessern sollten und auch können, meist mit gar nicht so viel Aufwand.

Nicht direkt Einfluss nehmen können wir auf die Unternehmensgesellschaft Verkehrsverbund Rhein-Neckar GmbH (URN), aber wir können unseren Oberbürgermeister damit beauftragen, sich mit unseren Anliegen in den dortigen Gremien einzubringen. Und genau das haben wir getan: Wir beauftragen Sie, Herr Oberbürgermeister, dort über die Einführung eines Kurzstreckentickets in Papierform sowie die Umstellung der Finanzierung des Sozialtickets auf das Modell „Karte ab 60“ zu verhandeln. Dann haben wir etwas mit einigem Erstaunen bemerkt: Im Haushalt werden grade, wenn es um Verkehr und Straßen geht, Entscheidungen getroffen, die dann gar nicht verwirklicht werden (können).

Bei der Straßensanierung gab es in der Vergangenheit erhebliche Haushaltsreste. Der Oberbürgermeister hat Besserung gelobt und wir lassen uns künftig regelmäßig über den Mittelabfluss im Straßensanierungsprogramm berichten.

Was trägt sonst noch ein Grüne Handschrift im Haushaltspaket? Das Förderprogramm Masterplan 100% Klimaschutz muss fortgeschrieben werden. Wenn wir Gebäude energetisch sanieren, hat das nicht nur Auswirkungen auf das Klima, sondern wir leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Im sozialen Bereich wird ein Schwerpunkt in den nächsten beiden Haushaltsjahren auf der Arbeit mit Flüchtlingen liegen. Unser Engagement für Flüchtlinge darf nach der Aufnahme und Unterbringung nicht enden. Wir wollen, dass Flüchtlinge sich in unserer Stadt schnell einleben und neue Freundschaften entstehen können.Und sie sollen schnell Mitglieder unserer Stadtgesellschaft werden. Dafür ist der Erwerb der deutschen Sprache unerlässlich. Ein vierwöchiger Sprachkurs reicht nicht aus, dieses Angebot muss erweitert werden, das muss in unser aller Interesse sein.

Auch der Zugang zum Arbeitsmarkt muss erleichtert werden. Das ist kein leichtes Thema, viele Hürden gilt es zu überwinden, wir wissen das. Und gerade deshalb müssen wir uns gemeinsam daran machen, nach Lösungen zu suchen: Die Stadt, zusammen mit der Agentur für Arbeit und anderen Akteuren sollen sich an einen Tisch setzen und ein Konzept zur schnellen Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt vorlegen. Alle Möglichkeiten sind dabei auszuschöpfen. Wenn wir Flüchtlinge dazu ermuntern und ihnen ermöglichen, ihren Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit selbst verdienen zu können, hat das viele Vorteile: 1. Es entlastet unsere Kassen, da sie nicht mehr auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. 2. Die Teilhabe an Erwerbsarbeit trägt maßgeblich zu einer schnellen Integration bei. 3. Und es ist eine Antwort auf den Fachkräftemangel, der uns in den nächsten Jahren begegnen wird. Wir brauchen also alle Potentiale, aus denen wir schöpfen können. Nicht zu vergessen ist außerdem die Unterstützung der kleinen Verbände im sozialen Bereich, die eine wertvolle Arbeit sowohl für Menschen in Krisensituationen, als auch im Bildungsbereich mit präventiven Angeboten leisten. Ihnen gilt auch an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

Im kulturellen Bereich sind Entscheidungen besonders schwer zu treffen. Gute Arbeit wird von allen geleistet, aber nicht alle Wünsche können erfüllt werden. Schon lange von uns Grünen gefordert und von uns erwartet: Wir warten auf einen Entwurf aus dem Kulturamt zu Förderleitlinien, die uns die Entscheidung darüber zukünftig erleichtern sollen. Auf jeden Fall wird der Kulturfördertopf aufgestockt, dafür haben wir als Bündnisgrüne erfolgreich gekämpft und darauf sind wir ein bisschen stolz! Aus diesem Topf können sich kleine Initiativen und Vereine ihre Projekte unterstützen lassen. Einig waren sich alle bei der Einrichtung eines Kulturpasses für Menschen mit geringem Einkommen. Dieser Kulturpass ermöglicht Teilhabe am kulturellen Leben. Interessierte können sich dann im Kulturparkettladen melden und dort gespendete Eintrittskarten für Theater, Konzerte u.ä. erhalten. Eine tolle Einrichtung, die wir gerne unterstützen.Auch beim Frauennachttaxi sind wir ein Stück weiter gekommen. Statt 9€ werden Frauen künftig 7€ pro Fahrt bezahlen.

Was wir uns nicht leicht gemacht haben, weil es überall Bedarf gibt: Wie gehts weiter in Sachen Schulsanierung? Wir Grünen hätten uns eine Debatte ohne Denkverbote gewünscht. Gibt es z.B. beim Hölderlingymnasium eine Alternative zur Generalsanierung? Zum Beispiel den Bau eines völlig neuen Gebäudes, das dem Konzept der Schule angepasst wird, an einem neuen Standort. Mit der eingestellten Summe von 1,6 Mio € ist die Vorentscheidung für den alten Standort quasi gefallen, leider ohne eine Debatte darüber geführt zu haben. Dass die Waldparkschule eine Mensa braucht und die jetzigen Räume dafür ungeeignet sind, war klar. Wir wollten eine Gemeinschaftsschule, dazu gehört nun einmal eine Mensa. Wer A sagt, muss auch B sagen und dafür muss Geld da sein, deswegen hat sich eine breite Mehrheit dafür ausgesprochen, sowohl Gelder für die Planung, als auch eine erste Summe für den Bau bereit zu stellen.

Einig waren wir uns fraktionsübergreifend darüber, dass das äußere Erscheinungsbild unserer Schulen an vielen Stellen zu wünschen übrig lässt. Eigentlich sollte man beim Betreten einer Heidelberger Schule erkennen, wie wichtig uns dieses Thema ist. Deshalb wurde ein sogenannter Modernisierungstopf eingerichtet mit einer Summe von 1,5 Mio Euro, z. B. für die Sanierung von Toiletten u.ä. Beabsichtigt ist, dass dieser Betrag auch in die mittelfristige Finanzplanung eingestellt wird.

Das waren jetzt nur einige wichtige Punkte zum Haushalt 2015/2016. Wenn wir ihn heute so verabschieden, sind wir für die nächsten zwei Jahre gut gerüstet. Einige unserer Themen konnten in diesem Paket nicht berücksichtigt werden. Zum Beispiel möchten wir den Fußverkehr in der Stadt fördern, die Parkraumbewirtschaftung ausweiten und mit der IBA zusammen an einem Lernhaus arbeiten. Diese Pläne werden wir in Form von TOP-Anträgen weiter verfolgen und inhaltlich vertiefen in der Hoffnung, dafür dann auch Mehrheiten zu bekommen. Zum Schluss danke ich im Namen der ganzen Fraktion der gesamten Stadtverwaltung für ihre tägliche Arbeit und freue mich auf die kommenden Jahre und die Zusammenarbeit. Denn schließlich haben wir alle gemeinsam den Auftrag, „der Stadt Bestes“ zu suchen. Vielen Dank.


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