06.03.2015
Haushaltskonsolidierung, Verwaltungsreform, Verkehr und Soziales - Grüne Schwerpunkte im HH 15/16
Haushaltsrede von Peter Holschuh im Gemeinderat am 05.03.2015
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Herren Bürgermeister,
Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren!
Gestatten Sie mir zuerst eine Einschätzung zum vorgelegten Haushalt des Oberbürgermeisters! Herr Oberbürgermeister, Sie haben uns am 29. Januar Ihren Haushalt vorgestellt und eines kann aus Sicht der Grünen festgestellt werden, dieser Entwurf ist akzeptabel. Es werden die richtigen Schwerpunkte gesetzt mit Investitionen bei der Kinderbetreuung, weiteren Maßnahmen zur Auflösung des Schulsanierungsstaus, Flüchtlinge, Verkehr und Wohnen. Auch wir finden den Ansatz erst mal richtig, den äußerst niedrigen Zinssatz für Investitionen zu nutzen. Also - viel Licht im Entwurf, aber auch Schatten, dazu später mehr. Herr Oberbürgermeister, Ihr heutiger Haushalt ist clever aufgebaut! Mit welcher Freude gingen wir früher an Haushalte nach dem Prinzip „Schieben - Streichen - Kürzen“. Bei dem vorgelegten Entwurf war das nur begrenzt möglich. Zu Recht weisen Sie auf das tolle Ergebnis der Kinderbetreuung in Heidelberg hin. Ich möchte an dieser Stelle aber anmerken, dass dieses hervorragende Ergebnis nur deshalb zustande kommen konnte, weil die grün-rote Landesregierung die Kinderbetreuung mit hoher finanzieller Beteiligung von einer rd. 2-stelligen Mio. Euro-Summe unterstützt hat.
Wir wollen in diesem Haushalt mit dem städtischen Personal beginnen - für uns ein ganz wichtiger Faktor, denn mit guten, fachlich kompetenten und engagierten Mitarbeiter*innen steht und fällt die Arbeit. Unser Dank gilt allen städtischen Beschäftigten für die geleistete Arbeit. Ich will nur einen Bereich herausgreifen, dieses Mal sind es nicht die kompenten Frauen und Männer der Kämmerei - die kriegen ihr Lob später. Wir hatten vor Jahren den Zensus - die Volkszählung. Anhand dieser Zählung wurden die Einwohnerzahlen für die Stadt ermittelt. Diese Zahlen wurden dann herangezogen bei der Festsetzung der Schlüsselzuweisungen - die Zuschüsse für die Stadt. Mit ein Grund, dass hier fast ein Volltreffer erzielt wurde, lag an der Qualität der Arbeit der Beschäftigten. Viele Ämter waren in den Prozess involviert - für die tolle Arbeit herzlichen Dank!
Es wird zusätzliches Personal eingestellt. Für zwei Bereiche hatten wir dies bereits in den letzten Haushalt-Jahren beantragt - beim Gemeindevollzugsdienst und eine Stelle zur Stärkung der EU-Fördermittelakquise (Antrag 80 - wenn jemand den Antrag von vor 2 Jahren nachlesen möchte). Mannheim hat dafür drei Stellen - und diese haben sich mehr als ausgezahlt. In den letzten Jahren wurde eine Millionen-Summe an EU-Mitteln „abgegriffen“. Insgesamt sollen 120 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Dennoch sind bereits Amtsleitungen an uns herangetreten, um zu erläutern, dass die Stellenmehrungen zwar erfreulich sind, aber nicht ausreichen. Auch der Umstand, dass wir in der Vergangenheit verschiedene Unterlagen erhalten haben mit dem Vermerk, die Anträge können derzeit nicht zeitnah erledigt werden - wegen fehlendem Personal - ist für uns eine Warnung, den Bogen nicht zu überspannen.
Heidelberg ist mit der Bahnstadt größer geworden, dadurch wuchsen die Aufgaben - aber auch die Aufgabenvielfalt nahm extrem zu. Auf der anderen Seite haben wir gegenüber den Vorjahren einen Zuwachs von Stellen - ohne Kitabereich - von rd. 5%. Und die Entwicklung der Personalausgaben ist dementsprechend. Die Gesamtpersonalausgaben steigen von rd. 150 Mio. € 2015 auf rd. 155 Mio. € 2016. Aus unserer Sicht kann beides so nicht mehr weiter funktionieren. Seit Jahren steigen die Anforderungen - Stichwort Bahnstadt, Konversion, Beteiligungsverfahren. Neue Aufgaben, bei oftmals gleichbleibenden oder nur leicht steigenden Einnahmen, aber erhöhtem Personaleinsatz sind Herausforderungen, denen nur mit Aufgabenkritik und strukturierten Einsparungen zu entgegnen ist, um zusätzliche Neuverschuldungen zu vermeiden. Freiräume für Innovationen und Neues können nur geschaffen werden, indem Bestehendes regelmäßig auf den Prüfstand kommt.
Stimmt das Leistungsspektrum der Stadt und wird die Aufgabe von der Bürgerschaft noch in einem entsprechenden Umfang abgefragt bzw. wird es bereits an anderer Stelle durchgeführt? Hinsichtlich der steigenden Personalausgaben sind auch die Arbeitsabläufe auf Effizienz zu untersuchen. Die Vorgehensweise wird sowohl eine Verbesserung der Einnahmenseite beinhalten als auch eine Verringerung der Personalkosten bewirken und damit insgesamt zu einer Verbesserung des Haushalts führen. Nur so können künftige Herausforderungen angegangen und die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Verwaltung sichergestellt werden. Unser Antrag zielt darauf ab, die Strukturen der Stadt Heidelberg zu überprüfen.
Gleichzeitig wollen wir, dass mitgeprüft wird, inwieweit man städtische Gesellschaften in diesen Prozess miteinbeziehen kann (Stichwort: Verhinderung von Doppelstrukturen). Ein Ergebnis der Überprüfung soll in der 2. Jahreshälfte 2016 vorgelegt werden. Ein erster Zwischenbericht ist im 4. Quartal 2015 vorzulegen. Wir haben vollstes Vertrauen in die handelnden Akteur*innen der Stadt. Wir wissen derzeit aber nicht, ob diese Überprüfungen von den Beschäftigten der Stadt selbst gemacht werden sollen, weil sie - wie hat es ein Mitarbeiter treffend formuliert „ausgelastet sind bis zum Anschlag“. Diesbezüglich gibt es Fragezeichen von uns, ob hier eine externe Vergabe sinnvoller ist. Im weiteren Prozess mit der Verwaltung und den anderen Fraktionen sollten wir uns darüber Gedanken machen. In der Vergangenheit wurden bei der Überprüfung der Ausgaben Verbesserungen erzielt. Als zweiten Schritt haben wir die Vereinheitlichung der Praxis der Zuwendungsgewährung auf den Weg gebracht - im Jahr 2015 wird der Gemeinderat darüber zu entscheiden haben.
Was noch nicht angepackt wurde - die städtischen Einnahmen mittel- und langfristig zu verbessern. Zitat aus dem Haushalt: „Sämtliche Möglichkeiten zu Ertragssteigerungen - insbesondere bei Gebühren, Entgelten usw. - sind zu prüfen und umzusetzen“. Und Herr Oberbürgermeister - hier hatten wir von Ihnen ein Feuerwerk an Vorschlägen erwartet. Denn anders ist Ihr Satz in Ihrem Haushalt-Entwurf nicht zu verstehen. Aber Fehlanzeige - Sie selbst schlagen keine einzige solche Einnahmeverbesserung vor. Damit geben Sie den „Schwarzen Peter“ elegant an den Gemeinderat weiter. Hier stehlen Sie sich aus der Verantwortung.
Wir Grüne nehmen diesen Ball aber gerne auf. Es ist ja bekannt, dass wir in der Vergangenheit mit Einnahmeverbesserungen für die Stadt sehr kreativ waren. Dadurch konnten zusätzliche Millionen Euro vereinnahmt werden.
- 2011 - die Anpassung der Gewerbesteuer auf das Niveau von vor 2009
- Einführung der Zweitwohnungssteuer (dieser Vorschlag wurde auch von anderen hier im Rat eingebracht)
- Erhöhung der Vergnügungssteuer und
- Einbeziehung der Spielhallen
- Anpassung der Waffensteuer usw.
Heute schlagen wir eine Anpassung der Parkgebühren für Parkuhren vor, zum 01.07.2015 und hoffen auf Unterstützung. Die letzte Erhöhung fand im Jahr 1992 statt - ja, Sie hören richtig: 1992 - vor 23 Jahren! In gesonderten Anträgen wollen wir auch, dass die Parkraumbewirtschaftung auf alle Stadtteile Schritt für Schritt ausgedehnt wird. Hier sollen aber vorab entsprechende Bürgerbeteiligungen stattfinden. (Bsp. Handschuhsheim: seit 2011 Diskussion - wahrscheinliche Einführung 2016 - so bitte nicht!).
Eine erhebliche Verbesserung der Einnahmen bringt die Einführung einer Übernachtungssteuer für alle privaten Ubernachtungen. Für uns ist nicht einsichtig, dass nur die Heidelberger Bürger*innen die Kosten der guten Infrastruktur tragen. Warum sollen sich Tourist*innen - rd. 1,3 Mio. Übernachtungen im Jahr - nicht auch mit einem kleinen Beitrag finanziell beteiligen? Hamburg hat diese Steuer, Köln, Berlin und viele - auch internationale Städte - haben sie eingeführt - warum nicht auch Heidelberg? Auch hier soll im Jahr 2015 mit den Betroffenen am Runden Tisch über die Einführung gesprochen werden. Unser Antrag sieht die Einführung zum 01.01.2016 vor. Das gibt den Betroffenen auch eine gewisse Planungssicherheit. Im Haushalt haben wir für 2016 rd. 1 Mio. Euro vorgesehen - sehr konservativ gerechnet.
Herr Oberbürgermeister, Sie haben im Haushalt bereits berücksichtigt, dass soziale, kulturelle und andere Einrichtungen und Gruppen einen Inflationsausgleich von rd. 2,5% erhalten - sehr erfreulich. Wir werden dazu weitere Anträge stellen mit relativ geringen Mitteln. Wir sehen Anträge vor für:
- BiBeZ (12.000 €)
- (6.000 €) für das Frauengesundheitszentrum
- Spracherwerb für Flüchtlinge und einen Gemeindedolmetscher
- Kulturpass (5.000 € und 8.000 €)
- Haus am Wehrsteg (7.000 €).
- Klangforum (20.000 €) usw.
Eine Projektförderung Kultur mit 30.000 € - soll kleinere oder unabhängige Kulturschaffende projektbezogen förder. Der Antrag auf Erhöhung für die Volkshochschule ist höher, weil die Zuschüsse der Stadt seit 2009 eingefroren sind - seither wurde kein Inflationsausgleich gezahlt.
Das Frauennachttaxi ist eine große Errungenschaft in dieser Stadt - es hat aber massiv an Zuspruch verloren. Der Grund - der hohe Preis! 9,00 € für eine Fahrt ist für viele Mädchen und Frauen einfach viel zu hoch. Wir beantragen hier die Rückkehr zum alten Modell - nämlich die Reduzierung auf 6,00 €.
Ein Bereich, der im letzten Haushalt im wahrsten Sinne des Wortes unter die Räder gekommen ist, war der Bereich Verkehr - und insbesondere der Radverkehr. Heidelberg wurde zur fahrradfreundlichen Kommune ausgewählt - da ist es folgerichtig, entsprechende Verbesserungen einzufordern:
- Schaffung von Fahrradschnellachsen und Konzepterstellung (40.000 €)
- zusätzliche Maßnahmen für den Radverkehr (100.000 € für beide Jahre)
- Gutachten Markierungen (20.000 €)
- dazu die Verbesserung des Fußverkehrs (30.000 €).
Neu fördern wollen wir das ZuM (rd. 50.000 € für beide Jahre). Das ZuM informiert die Bürger*innen, umweltbewußt mobil zu sein. Auch der soziale Ansatz des ZuM ist gut, die Beschäftigung zweier langzeitarbeitsloser Menschen.
Dagegen wollen wir die eingestellten Mittel von 140.000 € für ein Verkehrskonzept in den nächsten Doppel-Haushalt schieben. Aus unserer Sicht ist es derzeit zu früh, ein solches Konzept zu erstellen (Konversion, Bahnstadt).
Großprojekte im Bereich der Gebäudesanierung bieten ein enormes Potenzial an energetisch hochwertiger Sanierung für langfristig bezahlbares Wohnen in Heidelberg. Nur wenn auch die Nebenkosten aufgrund niedrigen Energieverbrauchs gering gehalten werden, kann man langfristig von bezahlbarem Wohnen sprechen. Für die Erstellung des Masterplans 100% Klimaschutz beantragen wir eine Erhöhung der Mittel um insgesamt 450.000 € - gut angelegtes Geld, das sich langfristig rechnet. Gleichzeitig unterstützen wir damit unseren örtlichen Mittelstand.
Tickets:
Wir beantragen ein kostenfreies Semesterticket für alle Studierenden, die ihren Erstwohnsitz in Heidelberg anmelden.
Kurzstreckenticket:
Aus unserer Sicht ist die Einführung des Kurzstreckentarifs via E-Tickets hervorragend. Aber warum weigert sich der URN, diesen Kurzstreckentarif auch allen anderen zur Verfügung zu stellen? Wir wissen, dass die Region dringend auf zusätzliche ÖPNV-Nutzer*innen angewiesen ist und können das Verhalten nicht nachvollziehen. Wir beantragen, die Stadt soll mit dem URN in Verhandlungen treten, damit das Kurzstreckenticket für alle eingeführt werden kann.
Sozialticket:
Vor gut zwei Jahren wurde das Sozialticket einstimmig verabschiedet. Neun Monate nach Einführung ist dieses Sozialticket ein Erfolgsmodell. Wie schwierig waren aber die Verhandlungen hier im Gemeinderat. Heute können wir sagen, das Ganze hat sich gelohnt. Für die Aktivisten stand am Anfang der Debatte um ein Sozialticket immer im Vordergrund, das Sozialticket muss regional ausgerichtet sein. Deshalb haben sich die Grünen dafür ausgesprochen, die Finanzierung so vorzunehmen, wie bei der „Karte ab 60“. Und mit Verlaub - ich finde es ein Skandal, dass z.B. ein/e 60-jährige/r Millionär*in für die „Karte ab 60“ weniger bezahlt, als wir für das Sozialticket zahlen. Hier muss dringend nach- bzw. umgesteuert werden. Auch hier liegt der Ball beim URN. Wir beantragen, die Stadt möge intensive Verhandlungen mit dem URN führen mit dem Ziel, die Finanzierung analog der „Karte ab 60“ vorzunehmen. Nur wenn die Finanzierung so erfolgt, können sich u.U. der RNK, die Städte Mannheim und Ludwigshafen das Sozialticket „leisten“. Eine Finanzierung des Sozialtickets, wie es derzeit in Heidelberg praktiziert wird, lassen die Haushalte des Kreises und der beiden Städte nicht zu - das vorab schon zur Klarstellung.
Herr Oberbürgermeister, fast wie bei den Einnahmen verhalten Sie sich in Bezug auf Investitionen. Es klingt toll, wenn Sie in Ihrem Entwurf vorsehen den Ansatz von 60 Mio. € auf rd. 88 € zu steigern. Gleichzeitig verkünden Sie in Ihrer Haushaltsrede, dass nicht alle vorgesehenen Investitionen im Zeitrahmen des Doppel-Haushalts umgesetzt werden - das lehre die Vergangenheit.
Zwei Anmerkungen dazu:
Ich erinnere an die Haushaltsreste: 2012 betrugen diese rd. 20 Mio. € und obwohl Sie Besserung gelobt haben, stiegen die Haushaltsreste 2013 auf 24,7 Mio. Euro. Unser Problem: Alle Maßnahmen, die im Doppel-Haushalt verankert sind, müssen finanziert werden. Und Ihre Äußerung ist äußerst bedenklich, vor allem im Hinblick auf 2017. Dann müssen mehr als die Hälfte der Investitionen über Kredite finanziert werden. Der zweite Punkt ist die Transparenz: Nur die Fachämter und die Kämmerei wissen, in welchem Planungsstand die einzelnen Maßnahmen sind, werden die eingestellten Mittel benötigt oder nicht. Wir erfahren dies in der Regel viel später, nämlich dann, wenn uns der Steuerungsbericht vorliegt, oder wenn andere Investitionen über- oder außerplanmäßig finanziert werden müssen. Die Projekte, die nicht im „Plan sind“, werden dann zur Deckung dieser Maßnahmen herangezogen. Verpflichtungsermächtigungen in die nächsten Jahre sind die Folge. Weniger wäre da sicher mehr, Herr Oberbürgermeister!
Für Straßensanierungen sind im Doppel-Haushalt für beide Jahre 6 Mio. € vorgesehen - fast eine Verdoppelung der Mittel gegenüber dem letzten Haushalt (1,6 Mio. € 2014). Wir beantragen hier eine 10%-ige Kürzung. Nicht etwa, weil wir weniger Straßensanierungen benötigen. Wir wissen alle, dass sich viele Straßen in Heidelberg in einem schlimmen Zustand befinden. Die Kürzung beantragen wir, weil die Stadt eine Verdoppelung der Mittel nicht schultern wird. Belegen läßt sich das mit dem Abschluss von 2013. Bei den Strassensanierungsmaßnahmen gab es einen Haushaltsrest von 550.000 € - rd. 1/3 der vorgesehenen Gelder wurden nicht abgerufen.
Mit der eingesparten Summe (600.000 €) könnten Anträge gegenfinanziert werden. Z.B. für unseren Antrag auf Planung einer Mensa für die Boxberger Waldparkschule. Für eine Gemeinschaftsschule im Ganztagsschulbetrieb mit wachsender Zahl von Schüler*innen ist ein Mittagessensangebot in angemessenen Schulräumen unabdingbar.
Wir beantragen, ein Konzept für die Ausarbeitung eines Masterplans Stadt/Freiraum. Unter der Federführung des Stadtplanungsamtes soll gemeinsam mit Tiefbau-, Landschafts- und Forstamt und dem Amt für Verkehrsmanagement dieses erarbeitet werden. Das Thema FREIRAUM soll als Aufgabenfeld für eine zukünftige stadtgestalterische Gesamtidee Heidelbergs zugrunde gelegt werden. Die Entwicklung des Masterplans soll unter Hinzuziehung von Experten und der Bevölkerung erarbeitet werden.
Der Schatten des Haushalts-Entwurfs ist die Verschuldung. Ihre Äußerung, Herr Oberbürgermeister, die „Belastung des Haushalts sei überschaubar“, wird von uns nur teilweise geteilt. Zwar sind die Konjunkturaussichten für 2015 gut, wir wissen aber nicht, wie es danach weitergehen wird. Die aktuellen Schuldenstände in der mittelfristigen Finanzplanung bereiten uns Sorgen: 2014 betrug der Schuldenstand 131,9 Mio. €, 2015 sind es 161,9 Mio. € und er steigt bis 2019 an auf 312,9 Mio. €. Die Neuverschuldung betrug im Jahr 2014 fast Null (ein super Ergebnis), steigt aber peu à peu an auf 37,4 Mio. € 2019.
Zur Haushalts-Wahrheit und Haushalts-Klarheit gehört aber auch zu sagen, wie es mit der Gesamtverschuldung aussieht. Weder Oberbürgermeister Würzner noch Bürgermeister Heiß sind in ihren Vorträgen bei der Haushalt-Einbringung auf die Gesamtverschuldung eingegangen. Und dazu empfehle ich im Finanzhaushalt die Seite 85 zu lesen - dort ist die Gesamtverschuldung aufgelistet - leider nur bis 2016: 290 Mio. € (2014) - 340 Mio. € (2015) - 387 Mio. € (2016). In dieser Summe sind die städtisch Betriebe z.B. unsere Stadtwerke noch gar nicht enthalten. Uns Grünen bereitet die Gesamtverschuldung erhebliche Bauchschmerzen.
Zur Steigerung des Ergebnishaushalts beantragen wir einen globalen Minderaufwand von 3 Mio. €. Die Bereiche Schule, Bildung und Kinder sollen aber ausgenommen werden. Die erwarteten Budgetüberträge im Jahr 2014 wollen wir bei den Ämtern belassen.
Mit unseren Anträgen und Vorschlägen ist auch ein kleiner Trippelschritt in Richtung Haushalts-Konsolidierung getan. Es muss aber klar sein, wir dürfen da nicht stehen bleiben. Die Konsolidierung unseres Haushalt muss auch in den nächsten Jahren einen hohen Stellenwert haben. Wir haben Verantwortung für Heidelberg und können den nachfolgenden Generationen nicht einen solchen Schuldenberg hinterlassen, der jedes Jahr weiter anwächst. Aus diesem Grund schlagen wir vor, Ende des Jahres eine „Haushalts-Strukturkommission“ einzusetzen, um weitere Möglichkeiten auszuloten, wie wir die Schulden abbauen können. Aber auch andere Punkte müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Ich erinnere daran, dass ab 2019 die Schuldenbremse greift und womöglich Bund und Land verstärkte Finanzierungen an die Kommunen weiterreichen. Letztgenannten Vorschlag haben wir jetzt nicht in Antragsform gegossen.
An dieser Stelle merke ich an, dass unsere Erhöhungsanträge alle gegenfinanziert sind. Das war auch in unserer Fraktion oberstes Gebot - alle zehn Fraktionär*innen hatten den Auftrag: „Wir suchen Geld“. Warum ich das erwähne? Ganz einfach - die Grüne Fraktion wurde fündig - im Teilhaushalt des Theaters. Im Haushalt von Oberbürgermeister Würzner ist der Landeszuschuss nicht korrekt wiedergegeben. Tatsächlich überweist das Land für beide Jahre 1 Mio. € mehr an das Theater als angegeben. Mit unserem Antrag bitten wir die Kämmerei dies entsprechend zu korrigieren. Sie merken, dass wir mit dem „Fund“ von 1 Mio. € sehr verantwortungsvoll umgegangen sind. Wir haben keine unverschämten oder utopischen Anträge gestellt.
Diesbezüglich und zum Haushalt insgesamt rufe ich alle Fraktionen und Gruppierungen auf, die verbleibenden Wochen vor der Haushalts-Verabschiedung zu nutzen. Wir Grüne bieten allen intensive Gespräche an und wir werden zeitnah alle Fraktionen und Gruppierungen zu einem ersten Gespräch einladen. Jetzt der versprochene Dank an das Team der Kämmerei, das sich dieses Jahr wieder sehr viel Mühe gegeben hat. Immerhin sind fast 1/3 der Kolleg*innen neu im Gemeinderat - auch für sie sicherlich keine leichte Kost. Ich möchte abschließend noch darauf aufmerksam machen, und das hat mich besonders amüsiert - die Kämmerei gab in manchen Passagen des Haushalt „Tipps“ für die schnellen Leser*innen - man sparte sich beim Lesen dadurch einige Seiten. Herzlichen Dank auch dafür. Vorschlag von uns: Vielleicht kann man diese „Tipps“ künftig auf die eine oder andere umfangreiche Info- oder Beschlussvorlage übernehmen.
Ich bedanke mich im Namen der Grünen Fraktion für Ihre Aufmerksamkeit!