21.12.2015
Geflüchtete in Heidelberg – ein Jahr der Herausforderungen
Stadtblattartikel von Kathrin Rabus vom 23.12.2015
Letztes Jahr kurz vor Weihnachten kamen die ersten Geflüchteten in Patrick-Henry-Village (PHV) an und verbrachten in einer notdürftig aufgebauten Struktur ihre ersten Nächte. Im Stadtblatt erinnerte ich damals daran, dass an den europäischen Außengrenzen Menschen in Zelten schlafen, keine medizinische Versorgung haben und um ihr Zuhause und um Angehörige trauern - während wir das Weihnachtsmenü planen. Hieran hat sich auch 2015 nichts geändert. Trotzdem ist im vergangenen Jahr viel passiert.
Das Thema Flucht und der Umgang damit war das dominierende politische Thema. Letzten Freitag eröffnete Ministerpräsident Kretschmann offiziell das „Zentrale Registrierungszentrum“ in PHV. Es gilt als bundesweite Vorzeigeeinrichtung, weil Menschen dort schnell Auskunft über ihre Bleibesituation erhalten. Täglich stellen nun bis zu 600 Menschen ihren Antrag auf Asyl - mit allen formalen Bedingungen (Gesundheitscheck etc.), die hieran geknüpft sind. Wichtig ist, dass auch bei einem beschleunigten Verfahren sorgfältig und im Einzelfall geprüft wird.
Auch die Sozial- und Verfahrensberatung und die Sozialbetreuung wurden ausgebaut. Inzwischen arbeiten hier über 25 Personen und unterstützen u.a. die ehrenamtlichen Helfer*innen bei ihrer Arbeit, beraten die Geflüchteten über das Asylverfahren oder organisieren Deutsch-Sprachkurse. Auch die Arbeitsagentur ist vor Ort und bietet eine erste Bewertung der beruflichen Qualifikationen an. Zudem wurden viele Gebäude für das Zusammenleben instandgesetzt und eingerichtet, Ambulanzen für medizinische Betreuung, ein Gebetshaus, Kinderbetreuung und demnächst ein Supermarkt.
Im nächsten Jahr stehen wir vor der Herausforderung, geflohenen Menschen eine Unterkunft und vor allem eine Perspektive in den Stadtteilen zu geben. Da nicht überall Wohnungen zur Verfügung stehen, werden zunächst Container aufgestellt. Das sind keine optimalen Bedingungen, aber umso wichtiger ist es, dass die neuen Mitbürger*innen in den Stadtteilen herzlich aufgenommen und unterstützt werden. Eine gelungene Integration wird ein Gewinn für alle sein.
Im letzten Jahr hat sich in Heidelberg ein beeindruckendes Netzwerk aus Engagierten und Hauptamtlichen aufgebaut. Hierfür ein großes Dankeschön an alle, die sich engagieren und Menschen in Heidelberg willkommen heißen. Vielen Dank auch an alle, die sich dumpfen Hassparolen, Ressentiments und Rassismus auf den Straßen, bei der Arbeit und im Alltag entgegenstellen. Die erschreckende Anzahl von rechten Übergriffen in diesem Jahr zeigt, dass wir alles tun müssen, damit die Menschen, die vor Krieg und Not geflohen sind, hier in Sicherheit sind.