12.02.2010
Kinderbetreuung weiterentwickeln!
Bericht der Veranstaltung "Für die Kleinsten nur das Beste"
„Für unsere Kleinsten nur das Beste“. Manchen Eltern klingt das wie Hohn in den Ohren. Und das, obwohl sie doch in Heidelberg leben, der ewigen Pionierin in Sachen Kinderbetreuung, wie Oberbürgermeister Eckart Würzner nicht müde wird zu betonen. Doch die Veranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen zur Situation der Betreuung von Kindern unter drei Jahren brachte anderes an den Tag. „Mütter und Väter, die ihre Sprösslinge gleich an zehn Kindertagesstätten oder Krippen auf die Warteliste setzen lassen und doch am Ende mit leeren Händen dastehen.
"Es gibt faktisch viel zu wenig Plätze“, da lässt sich die Landtagsabgeordnete Theresia Bauer nicht kirre machen. Auch wenn ihr das Kratzen am Heidelberger Image vor kurzem einen kräftigen Rüffel des Stadtoberhauptes eingetragen hat. „Wir haben richtig gerechnet und die Zahlen der Stadt benutzt“, unterstreicht sie noch einmal vor Eltern, aber auch Mitarbeiterinnen von Einrichtungen und Fachleuten im „Literaturcafe´“ der Stadtbücherei. Gemeinsam mit Stadträtin Beate Deckwart-Boller hat sie den Bedarf ermittelt. „Es fehlen mindesten 800 Plätze“, kommt am Ende der Kalkulation heraus. „Da fehlen ja fast so viele, wie wir Plätze haben“, reibt sich ein betroffener Vater verblüfft die Augen. Noch größer wird die Lücke, wenn der „Ausbau“ in diesem Tempo weiter gehen sollte.
Nicht nur, so die grünen Politikerinnen, ist der seit Amtsantritt Würzners schier zum Erliegen gekommen. Der Ausbau wurde auch ausschließlich von privater Trägerseite geleistet. Überdies steht der Stadt kräftig Ärger ins Haus, sollte sich daran nichts ändern. Denn ab 2010 haben sich die Kommunen verpflichtet, genügend Plätze bereit zu stellen und ab 2013 gibt es einen einklagbaren Rechtsanspruch, zumindest für die Kinder ab einem Jahr. Mehr als die Hälfte der Eltern wünscht sich einen Betreuungsplatz, und zwar in einer Kita. In Uni-Städten klettert der Wunsche nach Betreuung der Minis unter drei Jahren sogar auf 70 Prozent.
Der Bedarf ist also riesig und, das wissen sogar eher konservative Kommunalpolitiker, längst ein wichtiger Standortfaktor geworden. Warum tut sich die Stadt dann so schwer?
Beate Deckarwart-Boller, selbst gelernte Erzieherin und Mutter von drei Kindern, hat so eine Ahnung. Zum einen sind die Plätze relativ teuer in der Finanzierung, zum zweiten sind Gebäude dafür extrem schwer zu finden und zum dritten ist der Markt mit qualifiziertem Personal leer gefegt. Dass die Kommunen das alleine nicht stemmen werden, ist eigentlich allen klar. Land und auch Bund sind gefragt, aber anstatt, gemeinsam Sturm zu laufen, hoffen viele Städte klammheimlich, dass der Rechtsanspruch irgendwann gekippt wird, meint Theresia Bauer.
Was stimmt denn nun, wer liegt vorne, Heidelberg oder Tübingen? Die Heidelberger grüne Europaabgeordnete Franziska Brantner wusste Bescheid. Tübingen! Dort geht die Kurve nämlich schnell nach oben und hat Heidelberg nicht nur an Dynamik überflügelt. Nur, wenn der gesamte Landkreis Tübingen mit eingerechnet wird, und nicht nur die Stadt, dämpft das ein wenig den Höhenflug. Aber ohnehin sind die Zahlen noch nicht landesweit harmonisiert und mitunter nicht leicht zu vergleichen. Aber der Hauptunterschied liegt laut Franziska Brantner ohnehin in der Einstellung. „Wenn der Oberbürgermeister auf die Tube drückt und die Stadtenwicklung mitzieht, dann geht das auch“. Einziger Trost für die Heidelberger Eltern, die händeringend nach einem Platz suchen: Sie sind nicht allein. Kein Wunder, dass an diesem Abend ganz konkrete Vorstellungen aufkamen, sich zusammenzutun. „Eine Demo mit schwangeren Bäuchen und Kinderwagen auf dem Marktplatz“, schlug eine Mutter vor. Und ein Vater sagte: „Wenn mehr Eltern die Zahlen kennen würden, wären sie so richtig sauer
Außerdem hier die aktuellen Zahlen und Fakten dargestellt in einem Diagramm: