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14.03.2006

taz-Interview mit Fritz Kuhn: "Mein Lieblingspolitiker ist der Herr Renner"

taz: Herr Kuhn, wer ist Ihr Lieblingspolitiker bei der CDU?

Fritz Kuhn: Das ist der Herr Renner.

taz: Der ehemalige Sozialminister von Baden-Württemberg?

Fritz Kuhn: Ja. Den der Herr Oettinger rausgeschmissen hat, weil ihm für die Modernisierungen der Mut fehlt, zu denen Leute wie der Herr Renner in der Lage sind.

taz: Gefiel Ihnen an Renner die Koalitionsfähigkeit mit Grün?

Fritz Kuhn: Ich mag Leute, die aus der konservativen Ecke kommen und die Modernisierung der Union angehen wollen.

taz: Welche Erfahrungen haben Sie mit Günther Oettinger?

Fritz Kuhn: Ich kenne ihn seit 1984 und weiß immer noch nicht, wofür er steht. Ich sehe ihn modern tun in der Kinderpolitik, aber auf der reaktionären Seite beim Thema Muslim-Test und auf der Seite der energiepolitischen Reaktion beim Atom.

taz: Wäre es da nicht genial, wenn die Grünen ihn auf klaren Kurs brächten?

Fritz Kuhn: Sagen Sie schon, dass Sie von mir wissen wollen, wie ich zu Schwarz-Grün in Baden-Württemberg stehe.

 

taz: Bitte!

Fritz Kuhn: Ich bin äußerst skeptisch. Die CDU macht's lieber mit der FDP, weil's die für umsonst gibt. Zum anderen vertritt die CDU zurzeit bei allen Themen, für die wir gewählt werden, eine antigrüne Position. Beispiele: die Gentechnik, der Ökolandbau, die Atompolitik. Hier sehe ich keine Schnittmenge für eine Koalition.

 

taz: Können Sie die Sehnsucht Ihrer Parteifreunde in Baden-Württemberg verstehen, endlich mal zu regieren?

Fritz Kuhn: Absolut. Ich bin ja selber zwölf Jahre dort Fraktionschef gewesen. Wenn man so lange in der Opposition ist, will man zeigen, was man kann. Trotzdem muss es inhaltlich stimmen.

 

taz: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es nach dem 26. März Grüne in Regierungsverantwortung gibt?

Fritz Kuhn: Wollen Sie es in Prozent wissen oder in Gramm?

 

taz: In Ministern.

Fritz Kuhn: Ich will nicht rumspekulieren. Ich kämpfe lieber dafür, dass wir richtig zuwachsen.

 

taz: Wann wird es denn mal wieder was mit dem Regieren?

Fritz Kuhn: Ich verstehe die grüne Politik der nächsten vier Jahre, jedenfalls für die Bundestagsfraktion, als Sondierung, welche Bündnismöglichkeiten wir haben. Eine Sondierung als inhaltliche Konfrontation, also nicht so als Anschmusen. Wir müssen die anderen inhaltlich prüfen, weil wir nicht ewig in der Opposition bleiben wollen. Die anderen können ja auch bei uns rummachen und gucken.

 

taz: Wie ist der Stand der Sondierung mit der Linkspartei?

Fritz Kuhn: Bei der Linkspartei stoßen wir in der Außenpolitik auf völlig unverantwortbare Positionen. Was die da jetzt bei Kuba aufführen, in Sachen Menschenrechten oder ihrer Verantwortungslosigkeit in Afghanistan. In der Sozialpolitik ist die Linke so obersimpel aufgestellt, dass ich nicht sehen kann, ob die mal einen Weg zur machbaren Politik finden.

 

taz: Mit was punkten die Grünen denn im Wahlkampf?

Fritz Kuhn: Ich bin fast jeden Abend unterwegs. Stark punkten wir mit dem Atom, mit Kinderbetreuung. Das emotionalste Thema ist aber die grüne Gentechnik. Wir müssen die VerbraucherInnen vor Seehofer schützen.

 

taz: Reicht Ökopartei?

Fritz Kuhn: Wir schaffen es inzwischen, die Verbindung zur Ökonomie herzustellen: Mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben - so funktioniert es. Und wir holen die Verkehrspolitik mit rein. Soll man die Regionalisierungsmittel der Bahn kürzen? Soll man auf den Biosprit eine Steuer einführen?

 

taz:Sie wollen versuchen, Umwelt zum Schlüsselthema zu machen?

Fritz Kuhn: Wir wollen bei den Umfragen nach Wirtschaftskompetenz zulegen. Bei Umwelt und bei Verbraucherschutz haben wir eine hohe Kompetenz. Unsere guten Wirtschaftspolitiker kriege ich dann breiter vermittelt, wenn ich vom Kernthema zur Wirtschaft rübergehe.

 

taz: Haben wir noch etwas vergessen?

Fritz Kuhn: Sie haben gar nicht nach Schnittstellen mit der CDU gefragt.

 

taz: Oh. Wo liegen sie?

Fritz Kuhn: Mit einem Teil der Union gibt es eine Nähe darin, dass wir nicht automatisch jedes gesellschaftliche Problem über den Staat oder mit Geld lösen wollen. Die roten Parteien funktionieren so. Wir Grünen wollen die Zivilgesellschaft stärken, das Subsidiäre, die Selbstbestimmung. So etwas finden wir zum Beispiel auch in der katholischen Soziallehre. Hier ist die schwarz-grüne Diskussion jenseits der Koalitionsspekulationen spannend.

 

Das Interview führte Georg Löwisch


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