13.07.2005
Hartz IV: das erste halbe Jahr
Die Heinrich-Böll-Stiftung veranstaltete am 18. 6. ein Seminar zu ersten Erfahrungen bei der Umsetzung von Hartz IV. Berichtet wurden über fast alle Themen, von der organisatorischen Entwicklung, der Lage der arbeitslosen Jugendlichen unter 25 bis zu den Frauenhäusern. Hier seien nur einige Aspekte aufgegriffen:
1. Bei Einführung von Hartz IV wurde mit einer Zahl von ca 218000 ALG II –Empfängern in Baden-Württemberg gerechnet. Ende Mai 2005 waren es jedoch 308000, ca 40% mehr als erwartet. Diese Zunahme wird sich für Heidelberg auch bestätigen.
2. Die organisatorische Entwicklung lässt – auch wegen der kurzen Anlaufzeit – zu wünschen übrig. Komplette Neuorganisationen entstanden in 28 Kreisen, die sich für eine Arbeitsgemeinschaft (Arge) zwischen Kommune und Bundesanstalt f. Arbeit (BA) ausgesprochen hatten. 54% der Argen in Baden-Württemberg sind funktionsfähig. Nach wie vor ein Problem ist der Qualifizierungsstand der MitarbeiterInnen.
3. Von dem Ziel, die Arbeitslosen unter 25 Jahren im Arbeitsmarkt unterzubringen ist man noch weit entfernt. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen sank bis Mai um 0,5%.
4. Bis Mai waren 7200 1-Euro-Jobs besetzt, davon ca 17% durch Jugendliche. Hier zeigt sich ein Hauptproblem der neuen Regelungen: statt Vermittlung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung werden die Betroffenen vornehmlich in „Arbeitsgelegenheiten“ gebracht ohne Zukunftsperspektiven oder Qualifizierungsmöglichkeiten. Das ist sowohl im Interesse der Erwachsenen wie der Jugendlichen änderungsbedürftig. Insbesondere Jugendliche brauchen eine auf sie zugeschnittene Beratung und enge Verknüpfung mit den Maßnahmen der Jugendberufshilfe. Ziel muss es sein, das Förderungsinstrumentarium des SGB II besser auszuschöpfen, um weg von den 1€-Jobs zu kommen. Insgesamt muss an vielen Stellen nachgebessert werden. So wollen die Grünen z.B., dass das Partnereinkommen geringer angerechnet wird, Sonderbedarfe bei Kindern sind großzügiger zu berücksichtigen. Ein Altersvermögen in Höhe von ca 3000 € p.a. soll nicht auf das ALG II–Geld angerechnet werden. Die Argen sollen bestehen bleiben, aber mehr dezentralisiert arbeiten und weniger von der BA bevormundet werden.