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06.07.2005

Urfaust – Versuch einer Kritik

Es war durchaus viel geboten für Auge und Ohr bei der Eröffnung der diesjährigen Schlossfestspiele: Das Ballspielhaus als wunderschöne und vielfältig genutzte Kulisse; die Live-Band, bei einer solchen Aufführung ein interessantes und hier teilweise gelungenes Experiment; einige hübsche und ansprechende optisch-akustische Effekte und für das Premierenpublikum ein besonders schönes Feuerwerk zum Abschluss.
Und dennoch verließ ich etwas ratlos den Premierenabend. Mich hatte nichts „berührt“, da war kein Funke übergesprungen.
Nun kann man durchaus meinen, der Faust-Stoff sei durch Schule und Zitatenschätze so abgedroschen , daß man ihm nur noch mit „specialeffects“ zu Leibe rücken kann. Aber was ist mit den Themen, die aus einem Stück Literatur einen Klassiker machen? Faust’s Überdruss des „Wissens“ – ein Expertendilemma? Die Feme gegen Margarethe – Doppelmoral, Sexismus und kulturell/religiös begründete Morde an jungen Frauen. Kritik an kirchlicher Ignoranz gesellschaftlicher Realitäten – alles durchaus heutige Themen.
Ich meine diese Aufzählung nicht als Plädoyer für eine zwanghafte Modernisierung klassischer Stoffe – aber wenn ich schon einen türkischen(?) Wirt in Auerbachs Keller Faust auf witzige und aktuelle Weise mißverstehen lasse, warum „übersetze“ ich dann nicht den gesamten Text ?
Ich hätte mir gewünscht, daß Faust, Mephisto und Gretchen die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Rollen tiefer auszuloten und uns mehr darzustellen als äußerlich agierende Figuren in einer schauspielerisch gelungenen Darstellung. Ich hätte mich von diesem alten Stoff gerne neu berühren lassen.


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