18.02.2005

Memet Kilic: Visavergabe ein Skandal?

Seit Tagen versuchen die Unionsparteien, den sog. Vollmer-Erlass als Skandal zu brandmarken. Was ist daran als Skandal anzusehen? Natürlich ist es unerfreulich und nicht zu beschönigen, wenn es bei der Visavergabe in Kiew zu Rechtsmißbräuchen gekommen ist. Davon zu trennen ist jedoch die grundsätzliche Frage, ob es illegitim ist, im Zweifel zu Gunsten der Betroffenen zu entscheiden. Gerade diese Abwägung gebietet doch unser an Recht und Gesetz orientiertes Verwaltungshandeln.

Seit Jahren gibt es einen tatsächlichen Skandal, den die verantwortliche Politik ignoriert: Viele ausländische Eltern können bei der Hochzeit ihrer Kinder nicht anwesend sein, weil sie kein Visum für die BRD bekommen. Viele ausländische Großeltern können bei der Geburt ihrer Enkelkinder nicht dabei sein, weil sie kein Visum für die BRD bekommen.

Studierende aus wirtschaftlich ärmeren Ländern können nicht einfach als Rucksacktouristen in die BRD einreisen. Sie müssen das Flugticket hin-und-zurück vorlegen und eine teure Hotelreservierung nachweisen, wobei auch dann das Visum nicht garantiert ist.

Und die FDP muss noch erklären, seit wann Liberaltität bei der Visumsvergabeeinen Skandal darstellt.

Der Bayerische Innenminister Herr Günter Beckstein hat mindestens bei drei öffentlichen Veranstaltungen in meiner Anwesenheit dafür plädiert, dass man das Visumsverfahren für türkische Staatsangehörige abschafft. Heute beschimpft er ein Visumsverfahren, in dem im Zweifel nicht abgelehnt wird. Diese merkwürdige zweckentfremdete politische Schlacht beschädigt das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Land verdient die kleinkarierten Attacken auf seine Aussenpolitik nicht.

Wir brauchen bei der Visumsvergabe mehr Transparenz und im Rahmen der Gesetze mehr Liberaltität.