Die Stadt entwickeln
Heidelberg ist mehr als das Neckarufer, und der Fluss fließt im Übrigen auch nicht nur von der Alten Brücke bis zum Bismarckplatz. Wer glaubt, das Vorantreiben eines isolierten Großprojektes führe direkt ins stadtentwicklungspolitische Land der Träume, der irrt. Heidelberg hat mehr verdient. Wir stehen für eine Stadtentwicklung, die die ganze Stadt im Blick hat. Heidelberg läuft Gefahr, die enormen Chancen der Bahnstadt zu verschlafen. Wir wollen den neuen Stadtteil zum Symbol für einen bildungs-, klima- und integrationspolitischen Neuanfang machen. Hier liegt unsere große Herausforderung. Natürlich – auch wir lieben das Neckarufer. Deswegen möchten wir es nicht unterhöhlen und dabei der Stadt auf Jahrzehnte finanziell die Luft abdrehen. Nein, wir möchten unsere konkreten Vorschläge von „Stadt am Fluss light“ aus Caja Thimms OB-Wahlkampf endlich umsetzen. Wir kommen ohne Tunnel aus und bringen trotzdem die Stadt an den Fluss. Zusammen mit unserem Konzept „Heidelbergs Neue Mitte“ wird auf diesem Weg die Altstadt lebenswerter für ihre BewohnerInnen und interessanter für Einzelhandel und TouristInnen. Schließlich möchten wir die Gelegenheit nutzen, die uns der Abzug der US-Truppen bietet. Während andere nach Washington fliegen, entwickeln wir konkrete Pläne für die Zeit danach: Heidelberg braucht mehr bezahlbaren Wohnraum, und diesen innenstadtnah. Hier liegt das Potenzial dafür. Darüber hinaus werden wir darauf achten, dass in allen größeren Wohnungsbauprojekten auch preisgebundene Wohnungen entstehen, wie mit dem Wohnungsentwicklungsprogramm beschlossen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft gilt es in die Pflicht zu nehmen, damit sie ihrer sozialen Verantwortung gerecht wird. In allen Stadtteilen sollten einkommensschwache Haushalte bezahlbare Wohnungen finden können.
Die Stadt an den Fluss, den Tunnel in die Tonne
Wir glauben nicht an Prophezeiungen und Verheißungen. Wir glauben nicht an die hellseherische Gabe des Oberbürgermeisters bei der Finanzierung des Tunnels. Und wir glauben vor allem nicht, dass dieses Projekt geeignet ist, die Entwicklung unserer Stadt entscheidend voran zu bringen. Wir haben eine bessere, intelligentere, nachhaltigere und vor allem finanzierbare Lösung.
Die Stadt mit dem Fluss versöhnen, das wollen auch wir. Aber wir wissen auch, dass das Neckarufer mehr ist als der Neckarstaden. Der Fluss hat zwei Ufer, und die beginnen in Ziegelhausen und Schlierbach und enden in Wieblingen. Auf dieser gesamten Länge muss sich etwas tun. Dabei steht außer Frage, dass dem Altstadtufer besondere Bedeutung zukommt. Das Konzept „Stadt am Fluss light“ kommt ohne Tunnel aus und erzielt denselben Effekt. Es bringt die Menschen wieder näher ans Wasser. Wir wollen die Promenade kreativ verbreitern – zum Beispiel mit Pontons – und durch Cafés und Restaurants am Fluss beleben. Mit besseren Übergängen über den Neckarstaden, mehr autofreien Zeiten und der Umleitung eines Teils der Verkehrsströme durch die Ebert-Anlage verbinden wir die Altstadt und das Ufer.
Heidelbergs Neue Mitte – mehr als nur ein Tunnel Wir wollen der Mitte dieser Stadt wieder mehr Gesicht geben. Heidelbergs Mitte – das muss mehr sein als die Hauptstraße als Fußgänger-Rennbahn. Durch die Aufwertung der Altstadtgassen zwischen einer stark verkehrsberuhigten Plöck und dem Neckarufer wird ein Netz zwischen zwei neuen Einkaufspolen aufgespannt. Diese sollen in der Sophienstraße zwischen DAI und Kaufhof und am Theaterplatz entstehen. Der Verkehr läuft in Zukunft in beiden Richtungen durch die südliche Ebert-Anlage – und in der nördlichen Ebert-Anlage entsteht die Schnellverbindung für Fahrradfahrer, die die Plöck nie sein wollte. Zusammen mit dem Konzept „Stadt am Fluss light“ zur Aufwertung des Neckarufers wird die Altstadt in ihrer Gesamtheit zur Neuen Mitte dieser Stadt. Über einen umorganisierten Bismarckplatz gelingt uns der Brückenschlag nach Bergheim. |
Bewahren und gestalten – von Stadtteilen, Denkmalschutz und Grünflächen
Charakteristisch für Heidelberg ist, dass jeder Stadtteil eine eigene Prägung aufweist und die Bürgerinnen und Bürger sehr bewusst an den stadtteiltypischen Gegebenheiten festhalten. Das wollen wir bewahren. Dem Denkmalschutz räumen wir eine hohe Priorität ein, ohne dass er allerdings Weiterentwicklungen im Weg stehen darf, die sich in den Charakter der Umgebung einpassen. So halten wir auch eine Stadthallen-Erweiterung für sinnvoll, wenn sie mit Rücksicht auf ihr Umfeld und das Ensemble durchgeführt wird und der Montpellier-Platz erhalten bleibt.
Die Stadt ist ein Organismus, in dem Freiflächen und gebauter Körper sich ergänzen. Heidelberg hat beste Voraussetzungen dafür, dass diese Kombination gelingt: eine Stadt sowohl für die BewohnerInnen als auch für TouristInnen und TagungsbesucherInnen. Eine Stadt für verschiedene Generationen. Eine Stadt nicht nur zum Einkaufen, sondern eine Stadt, in der Menschen einfach gerne sind und sich wohl fühlen.
Dabei sind Frei- und Grünflächen aller Art entscheidender Faktor der Stadtqualität, seien es Wälder, Wiesen, Bolzplätze oder auch Friedhöfe. Die zentrale Neckarwiese als nicht kommerziell genutzter Freiraum reicht für Heidelberg nicht aus, wir brauchen ein Grünflächen-Leitbild für alle Stadtteile. Erholungsgebiete wie der Heiligenberg sind für die Stadt ebenso wichtig wie der Heidelberger Schlossberg, das Handschuhsheimer Feld und der Gaisberg.
Eine für alle – die Chancen der Bahnstadt nutzen
Die Bahnstadt bietet eine enorme Chance, zu einem Symbol für Innovation, Kreativität und Beteiligungskultur in Heidelberg zu werden. Das gilt für ökologische Aspekte genauso wie für die Sozial- und Bildungs-, oder Verkehrs- und Wohnungsbaupolitik. Wir wollen einen Stadtteil für alle, besonders allerdings einen für junge Familien. Das bedeutet bezahlbaren Wohnraum, ein kinderfreundliches Umfeld und ein exzellentes Bildungsangebot, zum Beispiel in Form unserer Basisschule.
Jetzt aber öko – das gilt gerade für die Bahnstadt. Mit Passivhausstandard, einem Nahwärmenetz und einer größtmöglichen Selbstversorgung durch erneuerbare Energien ist der Stadtteil zentraler Baustein auf dem Weg zur Klimahauptstadt Heidelberg. Mobilität muss in der Bahnstadt ohne Auto möglich sein, deshalb brauchen wir die optimale Erschließung mit Straßenbahn und Bus, inklusive Moonliner.
Auch in der Entwicklung der Bahnstadt wollen wir neue Wege gehen. Sie darf nicht für, sondern muss mit den neuen BewohnerInnen entwickelt werden. Wir möchten hier, wie auch im Bereich der frei werdenden amerikanischen Liegenschaften, Baugruppen fördern, vor allem durch Bereitstellung von Flächen durch die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz Heidelberg (GGH). Wir wollen in der Bahnstadt vielfältige Wohnformen ermöglichen und unterstützen, generationenübergreifend und integrativ, um gleichberechtigte Teilhabe auch im neuen Stadtteil zu realisieren. Ein innovatives Beteiligungskonzept und ein Stadtteilbudget sollen von Anfang an Markenzeichen für das Entstehen einer neuen Stadtteil-Identität sein.
Bahnstadt, das heißt nicht nur wohnen, das heißt auch arbeiten und leben. Mit dem Campus II wird die Verbindung zur Universität hergestellt, und gleichzeitig werden neue, innovative Firmen hier angesiedelt – und nichts passt besser zu Bahnstadt, als junge, zukunftsfähige Unternehmen. Stadtleben braucht Kultur. Wir wollen die Halle_02 so lange wie möglich im neuen Stadtteil halten und mit dem Bahnbetriebswerk nebenan neuen Freiraum schaffen. Außerdem ist das Unterwegs-Theater nun bereits am richtigen Platz, um zur kulturellen Identität des neuen Quartiers beizutragen.
Heidelberg bezahlbar machen
Seit Jahrzehnten werden Menschen mit geringem oder einfach nur normalem Einkommen aus Heidelberg ins Umland verdrängt, weil sie in der Stadt keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Dies gilt insbesondere für Familien, die sich spätestens ab dem zweiten Kind die teuren Quadratmeterpreise nicht mehr leisten können oder einfach mehr Platz brauchen. Sie konkurrieren außerdem um den knappen Wohnraum mit Studierenden – die ebenfalls auf ein viel zu knappes Angebot an Wohnungen treffen. Besonders schwer haben es daher ausländische Studierende, die oft nur für eine begrenzte Zeit eine Bleibe brauchen, am Heidelberger Wohnungsmarkt unterzukommen. Auch für Menschen, die barrierefreien Wohnraum benötigen, ist es nicht leicht, eine bezahlbare Wohnung zu finden. In den vergangenen Jahren wurde zwar mehrfach beschlossen, dass mehr preiswerter Wohnraum in der Stadt entstehen soll, in Wirklichkeit wurde aber viel weniger gebaut, als beschlossen war, und die Ausbauziele wurden verfehlt.
Der Abzug der US-Truppen, von den Konservativen tränenreich begleitet, ist hier eine riesige Chance. Als solche sollten wir sie endlich verstehen – und sie nutzen! Im Moment liegen die amerikanischen Liegenschaften wie ein riesiger Block zwischen Innenstadt, Rohrbach und der Bahnstadt und entziehen sich dem Stadtleben. Der Abzug gibt uns die einmalige Möglichkeit, eine Brücke zwischen diesen Teilen der Stadt zu bauen. Hier kann der so dringend benötigte bezahlbare Wohnraum entstehen – gut angebunden und innenstadtnah. Doch dafür muss jetzt vor allem eines geschehen: Anstatt zu bekämpfen, was längst beschlossen ist, und lustige Fotos in Washington zu produzieren, muss die Stadtspitze ein Konzept für dieses Gebiet erarbeiten. Je schneller, je besser.
Hand in Hand – gemeinsam mit der Uni den Wissenschaftsstandort stärken
Heidelberg ist Wissensstadt. Damit das so bleibt, damit der Wissenschaftsstandort Heidelberg noch stärker wird, müssen Uni und Stadt wieder an einem Strang ziehen. Wir stehen dafür ein, dass sich die Universität erweitern und fortentwickeln kann - allerdings nicht auf Kosten des Handschuhsheimer Feldes. Deshalb ist klar: Die Uni geht bis zum Klausenpfad. Und nicht weiter. Die Uni ist in der Stadt ohnehin viel besser aufgehoben, denn dort gehört sie hin: In die Mitte der Stadtgesellschaft. Der Campus II und das Bergheimer Altklinikum sind nur zwei Beispiele, wie sich die Universität und mit ihr Labore und forschungsnahe Unternehmen in die Stadt integrieren können, ohne weiter Flächen zu verbrauchen.
Nicht nur Studierende, sondern auch Wissenschaftler mit oft zeitlich befristeten Beschäftigungsverhältnissen sorgen in Heidelberg für ein ständiges Kommen und Gehen. Besonders viele Menschen aus anderen Ländern verbringen in Heidelberg ein paar Jahre ihres Lebens. Das gehört zu dem außergewöhnlichen Reiz unserer Stadt – das stellt sie aber auch vor besondere Herausforderungen. Wir wollen Möglichkeiten schaffen, hier anzukommen und dazu zu gehören. Auch Menschen, die nicht ihr ganzes Leben lang HeidelbergerInnen sind, sollen am Leben in der Stadt teilnehmen und sich einbringen können. Nur wenn es gelingt, kulturell Anspruchsvolles, Innovatives, aber auch Schräges und Ungewohntes miteinander zu verbinden, wird diese Stadt für kreative Köpfe aus aller Welt zu einem attraktiven Arbeits- und Lebensumfeld. Dazu gehören auch besondere Anforderungen an unsere Bildungseinrichtungen: Internationalität und Mehrsprachigkeit sind ein Muss – nicht nur im Hochschulbereich.
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